Es war sehr streng und strapazierend

Jean-Claude Zimmermann, Präsident der Schweizer Kampfrichterkommission, berichtet von der in Budapest stattgefundenen U23-Weltmeisterschaft aus Sicht eines Referees.

So sah ein Kampfrichtertag aus…

07:00 Uhr aufstehen

09:00 Uhr Abfahrt zur Wettkampfhalle

09:30 Uhr Kampfrichtermeeting

10:30 Uhr Wettkampf-Beginn

15:00 Uhr Pause

17:00 Uhr Fortsetzung der Kämpfe mit anschließenden Finalkämpfen

21:00 Uhr Wettkampf-Ende

(7 Tage, je 10 Stunden konzentrierte Kampfrichtertätigkeit)

Die Rahmenbedingungen waren vorbildlich, vielleicht für Neulinge etwas ungewohnt. Wir waren 60 Kampfrichter aus den unterschiedlichsten Ländern, den einen oder anderen kannte ich von verschiedenen internationalen Kämpfen. Untergebracht wurden wir sehr gut, die Gastfreundlichkeit der Ungarn war überwältigend und lies keine Wünsche offen. Der traditionelle Kampfrichterempfang an zwei Abenden war sehr schön, hier konnten wir uns gemeinsam Austauschen und kulturelle Gepflogenheiten pflegen. Ich finde die Teilnahme daran auch immer als Würdigung und Respekt gegenüber dem gastgebenden Land. Perfekt war die Hotelunterbringung und auch der Transport zwischen dem Hotel und der Wettkampfhalle war Top organisiert. Unsere Wünsche wurden, wenn möglich, schnell umgesetzt. Als Kampfrichter bist du in einem separaten Hotel untergebracht. Hier waren weder Trainer noch Ringer einquartiert. Dies setzte sich in der Wettkampfhalle fort, mit getrennten Aufenthaltsbereich. Eigene Ringer sahst du unterdessen nur auf den Matten.

Jeden Tag frühmorgens wurden wir per Shuttle abgeholt. Eine halbe Stunde später fand das Kampfrichtermeeting mit Videoanalysen vom Vortag statt, ist ja heute technologischer Standard bei Sportevents. Besonderheiten und Auffälligkeiten wurden hier nochmals angesprochen und analysiert. Die Instruktoren zeigten uns die Problemfälle auf und berichtigten evtl. Kampfrichterentscheidungen. Grundsätzlich war aber der Tenor sehr positiv und Fehlentscheidungen hielten sich in Grenzen, Kampfrichter wurden nicht vorgezeigt, sondern es ging hierbei um die sportliche Bewertung der Kämpfe.

Unter der Leitung von Antonio Silvestri (Präsident der UWW-Kampfrichter-Kommission) bekamen wir Kampfrichter von allen drei Kommissionsvertretern (Instruktoren) ein persönliches Feedback, das fand ich sehr gut, so wusste jeder woran er ist. Wir Kampfrichter sind bei einer so hochkarätigen Meisterschaft immer unter Beobachtung, du musst dich in deiner Kampfrichterkategorie bestätigen. Jeder Kampf ist atypisch, jeder Ringer kämpft anders. Du weist nie genau, zu welchen Kampf du eingeteilt wirst (natürlich zu deinen eigenen Landesringern nicht, das weiss man) bzw. du wirst sehr kurzfristig für den aktuellen oder nächsten Kampf aufgerufen. Während des ganzen Tages musst du deine Konzentration auf einem Top Level halten. Kein Kampfrichter kann sich leisten, bei einem Bronze oder Goldkampf nachlässig zu sein. Kampfrichter die grobe Fehler gemacht haben wurden rigoros sanktioniert durch weniger Einsätze oder durften danach nur „normale“ Kämpfe pfeifen. Die Weltmeisterschaft hat den höchsten Anspruch, dass das Ringerregelwerk korrekt angewendet werden und dazu diente vornehmlich diese Besprechungen.

Am ersten Finaltag durfte ich gleich ein Goldmatch pfeifen, alles gut gegangen, allerdings machte mir eine alte Verletzung am Knie zu schaffen. Ich musste am nächsten Tag zum Arzt, der mich wieder hinbekam. Dadurch konnte ich meine Kampfrichtertätigkeit am Dienstag wieder aufnehmen, ich wurde wiederholt für Bronze- und Goldeinsätze berufen und diese Kämpfe liefen auch sehr gut durch. Ab Mittwoch wurde ich als Mattenpräsident eingesetzt. Hier war die Anforderung noch höher an mich, da über den Kampfrichtertisch pro Matte am Tag 15 Kämpfe liefen.  

Wir Kampfrichter sind ein Team, natürlich finden sich immer Gruppen zusammen, je nach Herkunft und eine gesunde Konkurrenz ist auch wahrnehmbar. Mit diesem muss jeder umgehen lernen und seinen eigenen Weg finden. Ich ziehe mich lieber immer etwas zurück und konzentriere mich auf meine Aufgabe.

Die U23-Weltmeisterschaft fand ich wieder sehr gelungen und dies bestätigt mich in meiner Meinung „Ringsport ist einfach der geilste Sport auf dieser Welt!“.

 

Autor: Falko SwissWrestling Medien